Allgemein: Albanien

Europäisches Karibik-Juwel im Balkan

Albanien ist vermutlich das geschichtlich gesehen abwechslungsreichste Land, das ich jemals besuchen durfte. Im Fall von Albanien ist das leider nicht immer etwas Gutes gewesen, aber so abwechslungsreich wie seine Geschichte, ist auch seine wundervolle Landschaft. Das kleine Land auf der Balkanhalbinsel grenzt im Norden mit seinen Alpen an Montenegro, im Osten an den Kosovo und Mazedonien, im Süden an Griechenland und im Westen mit mehr als 360 km Küste nordwestlich an das Adriatische und südwestlich an das karibikblaue Ionische Meer. Unberührte Natur und abwechslungsreiche Landschaften warten hinter jeder Ecke und sind jegliche Strapazen durch verrückte Autofahrten oder anstrengende Aufstiege wert. Albaniens Flora und Fauna macht es zu einem der artenreichsten Länder Europas.

Mit insgesamt knapp 2,8 Millionen Einwohnern ist die albanische Population immer noch geringer als die unserer Bundeshauptstadt Berlin. Eine gute Hand voll von ihnen darf ich meine Familie nennen ♥ Im Sommer 1992 ist ein – damals noch sehr kleiner – Teil meiner Familie nach Albanien und schlussendlich auch in den Kosovo ausgewandert, um dort als Pioniere das Land religiös und wirtschaftlich in seiner Entwicklung zu unterstützen.

So darf ich das Land nicht nur als Tourist kennenlernen, sondern von seinen schönsten und intimsten Seiten.

Die Hauptstadt Tirana ist gleichzeitig auch wichtigster Landweg-Verkehrsknotenpunkt des Landes. Alle wichtigen und größeren Straßen oder Autobahnen führen durch die Stadt, bzw. an der Stadt vorbei.

Die Verkehrsgeographie und Qualität der Straßen sind allgemein vor allem durch die Landschaft Albaniens geprägt und deshalb natürlich nicht mit Deutschland vergleichbar. Für wenige Kilometer sollte man also auf jeden Fall einige Minuten (oder Stunden) mehr Zeit und eine Unterbodenversicherung für den Mietwagen einplanen. Auch das Schienennetz oder der öffentliche Nahverkehr in Albanien sind nur gar nicht bis semi gut ausgebaut. Für nahe und weitere Strecken empfehle ich – falls man keinen Mietwagen hat -, einen Reisebus oder einen privaten Reiseführer mit PKW zu buchen. Das geht im Prinzip ganz schnell und einfach an jeder zweiten Straßenecke.

Wer gerne selber Auto fährt, dem sei hier kurz die StVO Albaniens erklärt: Survival of the fittest. Es ist wahrlich nicht unmöglich und ich habe es ebenfalls unfallfrei und verhältnismäßig entspannt überstanden, aber es war auch 1. nicht meine erste ausländische Fahrt oder auf verrückten Straßen und 2. hatte ich seelischen Support in Form eines Freundes meines Cousins (Danke, Flori!) an meiner Seite. Wer in deutschen Großstädten bereits die Krise kriegt, dem ist hier auf jeden Fall davon abzuraten. (Spoiler alert: Im Kosovo ist es noch schlimmer!)

Die Landeswährung heißt Lek und man kann sie bequem an allen Bankautomaten am Flughafen oder in der Hauptstadt abheben – außerhalb dieser beiden Orte wird es teilweise schwierig mit der Suche nach Geldautomaten. Aktuell ist 1 EUR etwa 125 Lek wert. Am Flughafen habe ich ebenfalls direkt eine albanische SIM-Karte gekauft.

Albanien zählt heute noch zu den Top 5 der ärmsten Länder Europas, was natürlich leider auch Auswirkungen auf die Korruptionsrate hat. Weltweit landet Albanien auf Platz 91 (von 180 Ländern), europaweit auf einem der letzten fünf Plätze. Aber es tut sich was: 2013 belegte Albanien weltweit noch Platz 116.

Ein weiteres Problem – vor allem in den Bergregionen – ist das sogenannte Kanun. Kanun ist das mündlich überlieferte Gesellschaftsrecht der Albaner und umfasst Themenbereiche wie Blutrache, Vetternwirtschaft, Geldwäsche, Ämterkauf und vieles mehr. Aber auch hier gehen die Zahlen zurück, die Aufklärungskampagnen der Regierung fruchten und bevor jemand verängstigt den Flug storniert: Ich habe davon nicht einen Hauch miterlebt. Keine Sorge! Denn das Kanun regelt nicht nur angsteinflößende Dinge wie Blutrache. Unter anderem ist dort auch verankert, dass der Gast eines Hauses – unabhängig davon, ob aus der eigenen, einer verfeindeten Familie oder ein völlig Fremder ist – unter besonderem Schutz steht. Ebenso auch Frauen und Kinder. Ziemlich fortschrittlich, wenn man bedenkt, dass diese Gesetze weit älter als 600 Jahre sind.

  • Fragile States Index (Stabilität des Landes): 59/120 stabil
  • Demokratieindex: 6,11/10 unvollständige Demokratie
  • Freedom in the World Index: 67/100 teilweise frei
  • Rangliste Pressefreiheit: 56,4/100 erkennbare Probleme für die Pressefreiheit
  • Korruptionswahrnehmungsindex: 35/100 sehr korrupt

„Fun“fact: 1968 bis 1990 wurde Albanien von den Kommunisten offiziell als – bisher erster und letzter – atheistischer Staat erklärt und jegliche Art von Religion war verboten. Wirklich funny ist das nicht, aber ganz interessant und ich wusste nicht, wo ich es am besten einbaue, ohne die gesamte albanische Geschichte aufzurollen. Das würde vermutlich den Rahmen und Deine Aufmerksamkeit sprengen.

Der wichtigste wirtschaftliche Sektor ist die Landwirtschaft. Große Anbauflächen und das Klima lassen zu jeder Jahreszeit andere Früchte und Pflanzen gedeihen. Nicht nur auf der Erde, sondern auch unter der Erde sind etliche Rohstoffe vorhanden: Chrom ist einer der ertragreichsten Handelsgüter. Allerdings werden viele Rohstoffe (aus verschiedensten Gründen) gar nicht erst gefördert und so verfügt das Land nicht nur über unzählige Bodenschätze, sondern auch über kaum erschlossene Gas- und Erdölvorkommen. Ach ja … und dieser Kaffee! Das ist vermutlich der größte Schatz, den ich in Albanien entdeckt habe. Sorry, Italien.

Ein immer wichtiger werdender Wirtschaftssektor ist der Tourismus. Noch ist davon nicht viel zu sehen – beeil Dich lieber -, aber es kann sich nur noch um Monate oder wenige Jahre handeln, bis dieses Juwel im Balkan seine wohlverdiente Berühmtheit erlangt. Ein Großteil der Touristen kommt aktuell aus dem Um- und auch aus dem Inland, aber die Zahl der Touristen von weiter weg steigt jährlich. Zurecht!

Albanien ist nicht mehr das kleine, von der Außenwelt abgeschottete Land, das es einmal war. Schon seit den 1950ern tritt das Land mehr und mehr internationalen Organisationen, wie der NATO oder den Vereinigten Nationen, bei. Auch wurde 2009 der Beitrittsantrag zur EU eingereicht und so können albanische Bürger schon heute in alle (noch) 28 EU-Länder visafrei einreisen. Es tut sich was. Das ist ganz deutlich zu beobachten. Das Land hat den Willen und auch die Kraft, sich weiter zu entwickeln. Ich durfte es als warmes (auch meteorologisch!), tolerantes und sehr buntes Land kennenlernen, das aus seiner geschichtlichen Abwechslung lernt und kulturell profitiert hat.

Thank you for having me, Albania – there’s so much left for me to discover. I’ll be back!

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